DigiLounge: Hybrid Work! Schöne neue Arbeitswelt?
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Spätestens seit der Pandemie wissen wir, dass hybrides Arbeiten funktioniert. Die Zukunft der Arbeit beschäftigt sich vor allem damit, wo, wann und wie wir arbeiten. Unser neuer Work Trend Index zeigt, dass sich Führungskräfte und Beschäftigte aber längst nicht darüber einig sind, wie hybrides Arbeiten gestaltet werden sollte. Während Beschäftigte mehr als je zuvor arbeiten, fragen sich 79% der befragten deutschen Führungskräfte, ob ihre Teams im Home Office genauso produktiv sind wie am Arbeitsplatz des klassischen Büros. Wie können wir also den Fortschritt der hybriden Arbeitswelt verantwortungsvoll nutzen, und welchen politischen Rahmen braucht es dafür?
Darüber hat Andre Hansel (Head of Programs und Operations bei Microsoft Berlin) in der DigiLounge gemeinsam mit Pascal Kober (MdB, Arbeitsmarkt-, sozialpolitischer Sprecher und Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Arbeit und Soziales der FDP-Bundestagsfraktion), Jana Schimke (MdB, Mitglied Ausschuss für Arbeit und Soziales der CDU/CSU- Bundestagsfraktion; Stellvertretende Bundesvorsitzende des Mittelstands und Wirtschaftsunion CDU/CSU), Jan Dieren (MdB, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales im Bundestag; Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für den Wandel der Arbeit und Arbeit 4.0) und Kristian Schalter (Abteilungsleiter für Strategie und Zukunft der Arbeit bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) diskutiert.
Von Automatisierung, gestiegener Arbeitsproduktivität und Fachkräftemangel sprachen unsere Gäste eingangs mit Blick auf die Arbeitswelt von morgen. Beschäftigte seien schon heute selbstständiger und setzen sich in Zukunft intensiver mit dem Sinn der Arbeit und unternehmerischen Fragen auseinander, erklärte Jan Dieren. “Ich hoffe, dass Deutschland in 20 Jahren immer noch Industriestandort ist”, ergänzte Jana Schimke. Dabei geht es der Abgeordneten vor allem um eine gute Arbeitsmarktlage, eine hochqualifizierte Gesellschaft und eine gute Bildungslandschaft.
Braucht es einen Anspruch auf das Home Office?
Die Gesprächsrunde thematisierte den von Arbeitsminister Hubertus Heil geplanten Anspruch von Arbeitnehmenden auf Homeoffice. Doch wie kann dieser aussehen? Jan Dieren und Kristian Schalter verwiesen auf die Arbeitgeberattraktivität, die von Home Office Angeboten mittlerweile abhängig sei. In vielen Branchen stellt sich nämlich gar nicht mehr die Frage, ob Beschäftigte einen Anspruch benötigen. Ohne die Ermöglichung von Home Office bleiben Bewerbende den Unternehmen fern. Schalter verwies aber auch auf die Arbeitsplätze mit denen Home Office nicht möglich ist. Auch diese müssen attraktiv bleiben.
Jan Dieren verwies ebenfalls auf die Wichtigkeit von einem betrieblichen Arbeitsplatz und klaren Regelungen bei Versicherungsfragen. Regeln würden Entscheidungen vereinfachen, unter welchen Umständen Home Office möglich ist und unter welchen nicht. Daraufhin betonte Kober, dass die Politik in diesem jungen Entwicklungsfeld nicht zu viel versuchen sollte zu regulieren. “Wie viel Staat brauchen wir bei der Ausgestaltung bei der betrieblichen Personalpolitik?”, hinterfragte Jana Schimke die Regulierungsnotwendigkeit und lobte die Handlungsfähigkeit von Unternehmen, Gewerkschaften und Beschäftigten, wenn es um die Ausgestaltung von arbeitsrechtlichen Fragen geht. Über die politische und rechtliche Ausgestaltung von Home Office wurden sich die Gesprächsteilnehmenden allerdings nicht einig. Pascal Kober wagte aber erneut einen Blick in die Zukunft, denn was von heute noch “von Hand” gemacht werde, könne schon morgen digital gesteuert werden. Besonders mit Blick auf die Industrie. Am Ende solle allerdings der Wert von Berufen an erster Stelle stehen, mahnte Jana Schimke. Die Arbeitsbedingungen gäbe es “on top”.
Nachteile und Vorteile: Die beiden Begriffe werden oft verwendet, wenn es um Arbeitsbedingungen geht, die nur für bestimmte Arbeitsbereiche gelten. Front Line Worker, zum Beispiel, können in den meisten Fällen nicht von zu Hause aus arbeiten. Pascal Kober war sich sicher: Die Vielfalt der Menschen werde dafür sorgen, dass auch die Vielfalt der Aufgaben in Berufen passend zueinanderkommt.
Sind flexible Arbeitszeitmodelle bedroht?
In den Augen von Jan Dieren sollten alle Beteiligten langfristig ein Interesse daran haben, dass Menschen gut arbeiten können und dabei gesund bleiben. Die Freiheit durch das Home Office bringt allerdings auch Herausforderungen für vor allem Führungskräfte. “Hybrides Führen ist auch für viele Führungskräfte neu”, so Schalter. Während die besagte Freiheit für viele Mitarbeitende ein Vorteil bei hybridem Arbeiten ist, wurden Arbeitgeber in Deutschland durch den Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes im September verpflichtet, die geleisteten Arbeitszeiten der Mitarbeiter mit einem System zu erfassen. Für Jan Dieren geht es darum, dass Beschäftigte sich selbst bewusst machen können, wie viel Zeit sie tatsächlich mit Arbeit verbringen. Dies sei vor allem wichtig, wenn über Druck, Stress und psychische Belastungen gesprochen wird. Gleichzeitig wünscht sich Pascal Kober mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz - damit die Chancen des mobilen Arbeitens im Sinne der Arbeitnehmenden besser genutzt werden können.
Die Debatte zeigt: Es gibt viele unterschiedliche Perspektiven auf die Regulierung und politische Ausgestaltung von hybridem Arbeiten, insbesondere bei Fragen um das Home Office. Einig waren sich unsere Gäste, wenn es um den Wert von Arbeit und das Wohl von Beschäftigten geht. Die Entwicklung von hybridem Arbeiten in der Praxis wird zeigen, ob mehr Regulierung notwendig sein wird. Unternehmen funktionieren heute auch schon durch Selbstregulierung, wie es auch Microsoft vorlebt, wenn es um die Frage geht, wo, wann und wie wir arbeiten.
Danke an unsere Gäste für die spannende Diskussion!