Digitaler Mittelstand: BVMW sieht digitale Technologien als Innovationstreiber
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Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V. (BVMW) setzt sich als Spitzenverband der mittelständischen Wirtschaft berufs- und branchenübergreifend für den Mittelstand in Deutschland ein. In diesem Gastbeitrag beschreibt der BVMW, welche Chancen die Digitalisierung für kleine und mittelständische Unternehmen bietet und welche Herausforderungen noch gemeistert werden müssen, um den digitalen Wandel der Wirtschaft erfolgreich umzusetzen.
Der Mittelstand stellt über 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland. Bei vielen von ihnen ist die Digitalisierung jedoch noch nicht im erforderlichen und gewünschten Umfang angekommen. Erst jedes fünfte Unternehmen verfolgt nach Angeben der KfW eine Digitalisierungsstrategie. Immerhin 40 Prozent haben in den letzten drei Jahren ein Projekt zur Digitalisierung in ihrem Unternehmen abgeschlossen. „Die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft schreitet jedoch immer weiter voran und wartet nicht auf Unternehmen“, so Markus Jerger auf dem Sommerabend des BVMWs, der am 6. Juli 2022 im Atrium von Microsoft Berlin stattfand. „Wer nicht digitalisiert, verliert und wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ ist laut Markus Jerger, dem Vorsitzendem der Bundesgeschäftsführung, unverändert gültig. Ein Zurückbleiben der kleinen und mittleren Unternehmen wäre nicht nur für sie selbst ein Problem. Auch für den Standort Deutschland ist der Mittelstand abseits der Metropolen mit seiner Verbreitung in der Fläche unverzichtbar.
Bürokratie bremst Digitalisierung aus
Laut KfW sind die größten Hemmnisse der Digitalisierung im Mittelstand die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit. Beides sind feste Bestandteile einer digitalen Wirtschaft und beeinflussen damit auch Investitionen in digitale Zukunftstechnologien. Damit sich die digitale Wirtschaft in Deutschland weiter entwickeln kann, ist die Ausgestaltung der Regelungen wichtig. Denn eine zu starke Bürokratisierung und Rechtsunsicherheiten führen gerade bei mittelständischen Unternehmen zu einem erheblich größeren Bürokratieaufwand. Deswegen wäre eine Vereinfachung der Umsetzung des Datenschutzes und eine Unterstützung im Bereich der Datensicherheit ein großer Fortschritt. So wäre beispielsweise eine stärkere Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern hinsichtlich der IT-Sicherheit oder eine einheitliche Auslegung der DSGVO eine große Hilfe. In der Cybersicherheit sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht immer an der Spitze der Entwicklung, besitzen als „hidden champions“ aber oft wichtige, sensible Daten. Damit diese Daten geschützt werden, ist eine stärkere Verfolgung krimineller Aktivitäten in der digitalen Welt notwendig.
Sicherheit sollte nicht nur Thema in der physischen Welt sein, sondern auch Priorität in der digitalen Welt haben. Um Cybersicherheit im Mittelstand zu fördern, sollte der Staat Investitionen in IT-Sicherheit unterstützen und finanzielle Anreize einführen. Förderinitiativen, Ideenwettbewerbe und großflächige Schulungsmaßnahmen im Bereich IT-Sicherheit sind weitere Möglichkeiten, den Mittelstand in diesem Bereich zu unterstützen. Neue und verbesserte Richtlinien und Gesetze sind notwendig um immer auf dem aktuellsten Stand zu sein. Bei der Einführung von Vorschriften sollte aber auch immer bedacht werden, dass es gerade bei Kleinstunternehmern oft an Kapazitäten für eine unkomplizierte Umsetzung mangelt. Deswegen sollten die unterschiedlichen Voraussetzungen von Unternehmen verschiedener Größen und Branchen berücksichtigt werden. Sonst drohen gerade die kleinsten Unternehmen von einer Digitalisierung abgeschreckt zu werden und sich der Abstand zu Konzernen zu vergrößern. Das Problem der ausufernden Bürokratie unterstrich der Vorsitzende der Bundesgeschäftsführung: „Das Lösen von Problemen liegt in den Genen, in der DNS der Unternehmerinnen und Unternehmer. Es sind nicht die Herausforderungen, die uns stören, sondern die bürokratischen Rahmenbedingungen.“
Digitale Verwaltung muss einfach benutzbar werden
Ein weiterer Schritt, um den Abstand zu großen Unternehmen zu verringern, ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Um Unternehmen insbesondere in den ländlicheren Regionen nicht abzuhängen, ist ein schnellerer Ausbau der digitalen Infrastrukturen erforderlich. Für Unternehmen außerhalb der Großstädte stellt die Qualität der Internetverbindung laut Bericht der KfW ein um 11 Prozent größeres Hindernis bei der Digitalisierung dar. In einer globalisierten Wirtschaft interagieren Unternehmen mit der ganzen Welt in Echtzeit. Damit der ländliche Raum nicht abgehängt wird, ist ein schnellerer Ausbau auf ein akzeptables Niveau unbedingt erforderlich. „Wir brauchen Glasfasernetze in jedem Gewerbegebiet“, forderte Jerger von der Politik. Auch der Schritt zu einem digitalen Staat und einer digitalen öffentlichen Verwaltung kann und muss ein Schritt zu weniger Bürokratie sein. Zusätzlich gibt ein digitaler Staat Anreize für kleine Unternehmen ihre eigene digitale Agenda voranzutreiben und das Potenzial der Digitalisierung für sich zu erschließen. Durch das Online-Zugangsgesetz (OZG) verpflichtet sich der Staat, das Angebot an digitalen Verwaltungsleistungen auch elektronisch anzubieten. Laut des Digitalmonitors des nationalen Normenkontrollrats sind einige Leistungen bereits in Bearbeitung oder in Planung. Jedoch erst 16 der 54 Leistungen sind flächendeckend umgesetzt. Außerdem ist das bisherige Angebot wenig nutzerfreundlich.
Nach Angaben der Friedrich-Ebert-Stiftung ist die Nutzung bereits verfügbarer digitaler Leistungen sehr niedrig, was auf die geringe Attraktivität für Nutzer und Nutzerinnen zurückzuführen ist. Aufgrund der schleppenden und bisher wenig nutzerfreundlichen Digitalisierung der Verwaltung werden ihre Potentiale nicht erschlossen. Das zeigt sich auch im Beschluss des neuen Nachweisgesetzes, das am 1. August in Kraft getreten ist. Ab sofort sind digitale Unterschriften für Arbeitsverträge in Deutschland nicht mehr möglich. Das Europäische Ausland zeigt jedoch, dass bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen ein Verbot von digitalen Unterschriften nicht notwendig ist. Durch den langsamen und wenig nutzerfreundlichen Ausbau digitaler Verwaltungsleistungen verpasst Deutschland einen notwendigen Schritt zum Abbau von Bürokratie.
Weiterbildung stärkt Innovationskraft
Ein anderes Hindernis auf einem Weg zu einem digitalisierten Mittelstand sind fehlende IT-Kompetenzen in den Unternehmen und die mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften in der IT-Branche. So fehlt die fachliche Expertise, um Potenziale zu erkennen und sie umzusetzen. Insbesondere bei Unternehmen, die Forschung und Entwicklung betreiben, ist laut KfW das Problem passende Bewerber und Bewerberinnen zu finden ein umso größerer Faktor. So würde eine verbesserte Ausbildung in digitalen Kompetenzen insbesondere den Vorreiterunternehmen helfen und Deutschland als innovativen Wirtschaftsstandort stärken. Um die Probleme mangelnder digitaler Kompetenzen anzugehen, fordert der BVMW eine stärkere Förderung der digitalen Bildung. Damit nicht einzelne Bundesländer in der Ausbildung hinterherhinken, sollen einheitliche Lehr- und Bildungskonzepte ein gleichbleibendes Niveau der Bildung festlegen. In der Ausarbeitung der Konzepte ist ein Austausch von Bund, Ländern, Wissenschaft und Wirtschaft wichtig, damit auch alle in Zukunft geforderten Kompetenzen berücksichtigt werden. Um alle Lehrkräfte auf dem neusten Stand zu halten, sollte auch die stetige Aus- und Fortbildung des Lehrpersonals in den Fokus gestellt werden. Die Bildung der Schüler und Schülerinnen sollte nicht nur von der Privatinitiative der Lehrer abhängen, sondern ein hohes Maß an digitaler Kompetenz sollte durch obligatorische Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für das Lehrpersonal erreicht werden.
Nachholbedarf bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz
Auch die Nutzung der Künstlichen Intelligenz bleibt in Deutschland hinter den Erwartungen zurück. Damit der Mittelstand auch in Zukunft noch das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft bleibt, muss er solche modernen Technologien nutzen. Dabei muss verstanden werden, dass die Nutzung von KI eine Unterstützung für menschliche Arbeitskräfte bedeutet. Menschliche Arbeit wird dadurch nicht ersetzt. Sie ändert sich allerdings. Auch in der BVMW-Umfrage zur KI-Anwendung wird fehlende Expertise als größtes Hemmnis genannt. Damit das Wissen in Unternehmen zu den Themen sich auch weiterentwickelt ist die Einführung der Zentren des Mittelstand-Digital Netzwerks zu begrüßen, da diese dezentral in Deutschland verteilt eine Plattform zur Weiterbildung für den Mittelstand darstellen. Ebenfalls positiv ist die Initiative Skills4Mittelstand von Microsoft. Durch sie bekommen KMU einen leichten Zugang zu Weiterbildungen und Trainings in digitalen Kompetenzen. Denn ohne Weiterbildungen verpassen KMU den Anschluss bei wichtigen Themen. Auch wenn die Pandemie einen Schub für die Digitalisierung in Unternehmen gegeben hat, stagnierte die Weiterbildung in den digitalen Bereichen. Um Ängste vor digitalen Technologien zu nehmen und den Mittelstand zukunftsfest zu machen ist die Weiterbildung unersetzlich.
BVMW und Microsoft gemeinsam für die Digitalisierung im Mittelstand
Innovation und Wandel in Unternehmen gehen mit den rasant wachsenden Möglichkeiten Hand in Hand, die modernste Technologien bieten. Als IT- und Technologie-Kompetenzpartner des BVMW setzt sich Microsoft gemeinsam mit dem Verband dafür ein, den deutschen Mittelstand international wettbewerbsfähig zu machen und für die Zukunft zu stärken.