EXPLAINED Quantum Computing: Disruptive Technologie steht vor dem Durchbruch
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Quantencomputer können hochkomplexe Probleme in Bruchteilen von Sekunden lösen und versprechen bisher ungeahnte Möglichkeiten für Wissenschaft und Wirtschaft. Das Rennen um die Entwicklung dieser disruptiven Technologie ist weltweit bereits in vollem Gange. Aber wo genau steht die Forschung heute? Wie gut sind Deutschland und Europa im Bereich Quantum Computing aufgestellt? Welche Anwendungsbereiche bergen das größte Innovationspotential – und was muss jetzt passieren, um dieses Potential zu realisieren? Über diese spannenden Fragen haben renommierte Technologie-Experten am 2. Dezember bei der virtuellen EXPLAINED Konferenz zum Thema Quantum Computing von Microsoft Berlin diskutiert. Ein Fazit: Quantum Computing ist keine Utopie mehr, erste Anwendungen werden bereits getestet.
„Die Möglichkeiten des Quantum Computing werden Branchen wie Chemie oder Pharma, die Finanzwirtschaft oder die Industrieproduktion einschneidend verändern. Für Deutschland und Europa geht es jetzt darum, das starke wissenschaftliche Fundament in konkrete Anwendungen zu übersetzen“, erklärte Tim Cross, Technology Editor von ‚The Economist‘, der die Explained Konferenz im Gespräch mit Ralph Haupter, President von Microsoft EMEA eröffnete. Dafür will sich auch Judith Gerlach einsetzen. Die Staatsministerin im Bayerischen Staatsministerium für Digitales betonte, man müsse jetzt parallel zur Grundlagenforschung auch den Technologietransfer in marktfähige Produkte unterstützen. Weil Quantum Computing „Bedingungen wie im Weltall“ mit extrem niedrigen Temperaturen und einer Abschirmung gegen das Magnetfeld der Erde benötigt, sei außerdem der Aufbau komplexer Test-Infrastrukturen notwendig, den einzelne Unternehmen allein nicht leisten könnten. Außerdem gebe es hierzulande noch zu wenige Absolventen im Bereich Quantenphysik, hier müssten mehr und neue Studiengänge aufgebaut werden.
Quantencomputer werden zu ganz neuen Produkten führen
An mangelndem Interesse seitens der Studierenden scheitert es jedenfalls nicht, wie der Präsident der Technischen Hochschule Deggendorf, Prof. Dr. Peter Sperber erklärte. Ab dem nächsten Jahr soll es dort einen Studiengang geben, der Programmierer speziell für Quantum Computing- Anwendungen ausbilden soll. Denn, darin waren sich die Experten der Explained einig: Auch wenn die Hardware derzeit noch nicht voll ausgereift ist, so macht es unbedingt Sinn, sich schon heute bestmöglich auf die Quantum-Zukunft vorzubereiten.
Damit beschäftigt sich auch Dr. Thomas Strohm, Coordinator of Quantum Technologies bei der Robert Bosch GmbH heute schon ganz intensiv. Ihm geht es darum, jetzt schon Problemstellungen und Anwendungsfälle zu identifizieren, in denen Quantencomputer besonders viel Innovationspotenzial versprechen. Dabei forscht Bosch unter anderem an der Entwicklung neuer Materialien durch die Simulation chemischer Eigenschaften, die zum Beispiel die Qualität von Batterien oder Brennstoffzellen deutlich verbessern und letztlich ganz zu neuen Produkten führen können.
Quantum Computing hat großes Potential für den Klimaschutz
Auch Prof. Dr. Matthias Troyer, Distinguished Scientist Microsoft Quantum bei der Microsoft Corporation sieht in der chemischen Forschung viele Einsatzmöglichkeiten für die ungeheure Rechenleistung des Quantum Computing. Damit wären beispielsweise die Eigenschaften von Katalysatoren zur Kohlenstofffixierung berechenbar, mit deren Hilfe CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden könnte. Microsoft hat sich im Rahmen seiner ambitionierten Nachhaltigkeitsstrategie bereits das Ziel gesetzt, bis 2050 sämtliches CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernt, das das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1975 emittiert hat - dazu wird auch das Quantum Computing beitragen.
Auch die Bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, zeigte sich vom Potential digitaler Technologien für mehr Nachhaltigkeit überzeugt und setzt große Hoffnungen auf den Einsatz von Quantum Computing für den Klimaschutz. Ganz konkret könnten Quantencomputer beispielsweise dabei helfen, die Einspeisung erneuerbarer Energien in das Stromnetz besser zu steuern.
Quantum Computing liefert schon heute Denkanstöße für innovative Lösungen
Weil es aber heute noch an ausgereifter Hardware mangelt, werden viele künftige Anwendungen für Quantencomputer derzeit noch auf herkömmlichen Rechner simuliert. So stellt beispielsweise Intel Programmierern eigene Quanten-Simulatoren Open Source zur Verfügung, wie Prof. Dr. Helena Liebelt, Technical Program Manager bei Intel erläuterte, „damit Anwendungen und Algorithmen fertig sind, sobald die Hardware verfügbar ist“.
Die wird sich in den kommenden Jahren stetig weiter entwickeln. Die Experten der Explained rechnen mit einem Zeitrahmen von etwa fünf Jahren, bis erste kommerzielle Anwendungen zum Beispiel im Bereich Materialforschung umsetzbar werden. Auch die Finanzwirtschaft wird wahrscheinlich bald erste Quanten-Lösungen einsetzen. In anderen Bereichen wie z.B. dem Machine Learning mithilfe von Quantencomputern wird eher mit einem Zeithorizont von zehn Jahren gerechnet. Doch – auch das wurde bei der Explained deutlich - schon heute entfaltet die bahnbrechende Technologie ihre Wirkung, weil sie ganz neue Denkanstöße liefert. Microsoft Scientist Matthias Troyer brachte das so auf den Punkt: „Momentan formulieren wir die Probleme, die wir später mithilfe des Quantum Computing lösen wollen. Und schon auf dem Weg dahin entdecken wir ganz neue Lösungen.“